Montag, 24. November 2008
58 weitere Entlassungen
Für 58 Beschäftigte der stillgelegten Zellstoff-Fabrik in Luterbach hat sich die Hoffnung auf eine Wiederaufnahme der Bereiche Hefe und Ethanol zerschlagen. Kein Käufer wurde gefunden.
«Leider konnten keine Lösungen gefunden werden», so Jörn Syvertsen, Verwaltungsratspräsident der Borregaard Schweiz AG. Im Bereich Hefe sei mit über zehn Interessentengruppen gesprochen und verhandelt worden. Konkret: mit den wichtigsten Produzenten auf dem Weltmarkt sowie drei potenziellen Käufern aus der Schweiz und dem Ausland in verwandten Branchen. Ende Oktober zurückgezogen hatten Borregaard-Kadermitarbeitende ihr Projekt für ein Management-Buyout. Da die Fabrik der Hefe Nord (Fermentation) veraltet sei, konzentrierte sich das Kaufinteresse auf die moderne Fabrik Hefe Süd.
Laut Borregaard gab es mehrere Gründe, dass aus Interesse nicht mehr wurde. Einerseits habe die Rentabilität der Hefeproduktion darauf beruht, dass mit der Zellstoff-Fabrik eine lokale Rohstoffquelle vorhanden war. Dies habe die Rohstoff- und Logistikkosten stark reduziert. Mit der Einstellung der Zellstoff-Produktion hätte jeder Käufer eine neue Rohstoffquelle finden müssen, was Mehrkosten und Rentabilitätsverlust bedeute. Andererseits wären für einen unabhängigen Weiterbetrieb Infrastruktur-Investitionen (u.a. Abwasserentsorgung) notwendig. Hinzu gekommen sei, dass sich Hefe-Kunden aufgrund der unsicheren Zukunft nach neuen Lieferanten umgesehen und diese zum Teil gefunden hätten. «Die Rentabilitätsaussichten für einen Weiterbetrieb haben sich deshalb erwartungsgemäss mit jeder Woche verschlechtert», schreibt Borregaard in einer Medienmitteilung.
Hoffnung für Bereich Elektrolyse
Im Bereich Ethanol wurde seit Oktober mit einem Schweizer Konsortium verhandelt, das die Anlage mit anderen Rohstoffen betreiben wollte. Borregaard dazu: «Der Vertragsabschluss ist mehrmals herausgeschoben worden, um den Interessenten mehr Zeit zu geben. Die Finanzierung und eine neue Betriebsbewilligung seien aber nach wie vor offen. Kürzlich habe der Interessent Borregaard informiert, dass frühestens Ende Januar ein Abschluss möglich sei. Diese Unsicherheit wolle man den Mitarbeitenden nicht zumuten.
Borregaard hat nun den 58 Mitarbeitenden der Bereiche Hefe und Ethanol gekündigt. Diese Kündigungen waren im Hinblick auf eine Rettung dieser Bereiche noch aufgeschoben worden. Bereits Ende Oktober hatte die Firma die endgültige Schliessung der Zellstoff-Fabrik bekannt gegeben und 339 Mitarbeitenden gekündigt. Hoffnung besteht noch für den Teilbereich Elektrolyse mit 16 Mitarbeitenden. «Verhandlungen mit einem europäischen Interessenten sind weiter im Gang», so Borregaard. Und: Die Chancen für einen Weiterbetrieb seien als gut zu beurteilen, weshalb diese 16 Kündigungen weiter aufgeschoben würden.
Den einst stolzen «Attishölzlern» und den Gewerkschaften bleibt die Genugtuung, einen guten Sozialplan ausgehandelt zu haben. Der Sozialplan gilt für alle Mitarbeitenden. Die Unia wirft Borregaard vor, nie wirklich an einem Weiterbetrieb von Teilbereichen interessiert gewesen zu sein.
Unfall mit Schwefeldioxid
Laut Borregaard ist die Stilllegung aller Produktionsbereiche «dank dem Einsatz der Mitarbeitenden ohne Zwischenfälle verlaufen». Offiziell ist nur eine Panne bei der betriebseigenen Kläranlage bekannt (wir berichteten). Wie die Gewerkschaftszeitung «work» jedoch in ihrer aktuellen Ausgabe schreibt, kam es vor dem Stilllegungsprozess am 27. Oktober zu einem Unfall. Wie Borregaard auf Nachfrage bestätigt, sind beim Austritt von Schwefeldioxid zwei Mitarbeiter verletzt worden. Der eine arbeite wieder, der andere sei noch in der Rekonvaleszenz. Schwefeldioxid kann im schlimmsten Fall zu Atem- oder Herz-Kreislauf-Stillständen führen.
Das Statement von Jörn Syvertsen hier lesen>>
Informationen zur Gewerkschaft Unia>>
Montag, 17. November 2008
Aufhebungsvereinbarung nicht unterschreiben!
Hier einige Punkte dieser Vereinbarung:
- Die Borregaard versucht sich eine Aussage zu erschleichen, dass der/die Betroffene die Kündigung noch im Oktober erhalten habe, auch wenn das nicht so ist.
- Die betroffenen müssen unterschreiben, dass er auf die begleichung von Überstunden, Überzeit, Ferien, Spesen und geschuldete Boni etc. verzichtet.
- In Punkt 10 der Vereinbarung soll der/die Betroffene auf sein gesetzliches Recht verzichten. Sollte die Klage der Unia wegen Missachtung der Schweizerischen Gesetzgebung gutgeheissen werden und Borregaard wegen missbräuchlicher Kündigung zu einer Entrschädigungszahlung verurteilt werden, sollen die Mitarbeitenden auf deren Auszahlung verzichten.
Mit dieser Vereinbarung zeigt Borregaard einmal mehr, wie sehr ihr die Mitarbeitenden am Herzen liegen! Borregaard verletzt mit diesem Vorgehen schweizerisches Recht um sich möglicht billig aus dem Staub machen zu können und verucht Euch zu Komplizen zu machen.
Diese Vereinbarung darf nicht unterschrieben werden!
Die Verhandlungsgemeinschaft wird umgehend bei der Borregaard intervenieren und den Rückzug dieser Vereinbarungen verlangen.
Geltend machen der frühzeitigen Pensionierung
Das Antragsschreiben finden sie hier>>
Donnerstag, 6. November 2008
Unia-Infopoint eröffnet
Hier die Öffnungszeiten:
Mo-Fr. 09.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 16.00 Uhr
>> weitere Informationen zur Unia
>> jetzt Unia-Mitglied werden!
Dienstag, 4. November 2008
Scheingefecht des Borregaard-Managements
- Das heutige Communique des Borregaard-Managements zu einer angeblich beschleunigten Einstellung der Produktion in Riedholz ist für die Sozialpartner nicht verständlich.
- Erstens sind die vom Management als Begründung angeführten Sicherheitsbedenken nicht nachvollziehbar. Es bestehen keinerlei Gründe, die zu einer veränderten Beurteilung der Sicherheitslage Anlass geben.
- Zweitens war bei Borregaard intern seit Wochen der 21. November als Stichtag für die Einstellung der Produktion bekannt. Die Vorverlegung dieses Termins um einige Tage (heute «in zwei Wochen») ändert am bereits bestehenden Schliessungsplan nichts.
- Die Unia hat gegen Borregaard bereits vor den Sozialplanverhandlungen am 29. Oktober Klage wegen Nichtgewährung der Konsultationsfrist eingereicht. Das Borregaard-Management war über diesen Schritt informiert. Die erste Gerichtsverhandlung findet am 10. Dezember um 10.00 Uhr im Richteramt Solothurn-Lebern statt.
- Die Behauptung von Borregaard, der Sozialplan sei unter der Bedingung unterzeichnet worden, «dass die Verhandlungsgemeinschaft auf ihre mehrmals angedrohte Klage … verzichtet», ist schlicht falsch. Der unterzeichnete Sozialplan (vgl. Beilage) sieht keinerlei Verzicht auf rechtliche Schritte vor. Im Gegenteil: er legt im Artikel 1 ausdrücklich fest: «Alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche der betroffenen Mitarbeitenden werden durch die Regelungen des Sozialplanes nicht berührt und sind gewährleistet.»
- Die Unia hat gegenüber Borregaard stets klar gemacht, dass sie an der Klage unabhängig von der Unterzeichnung eines Sozialplans festhalten wird – so auch in Anwesenheit des Borregaard-Verwaltungsratspräsidenten Jorn Sievertsen und des Verwaltungsratsmitglieds und Anwalts Urs Brugger. Es bestehen keinerlei schriftliche oder mündliche Abmachungen, die dazu im Widerspruch stehen.
>> hier kann der Sozialplan Borregaard 2008 heruntergaleden werden
>> hier gehts zur Medienmitteilung der Borregaard
Montag, 3. November 2008
Die Belegschaft erkämpft einen wegweisenden Sozialplan
Nach einem über 22-stündigen Verhandlungsmarathon haben sich die Verhandlungsgemeinschaft Borregaard-Attisholz und das Borregaard-Management auf einen Sozialplan für die Beschäftigten der von der Schliessung bedrohten Zellulosefabrik in Riedholz geeinigt. Heute nun hat die Belegschaft das Verhandlungsergebnis in einer Betriebsversammlung angenommen. Der Entscheid war unbestritten, denn der Sozialplan setzt Massstäbe weit über den Fall «Borregaard-Attisholz» hinaus.
Das sind die wichtigsten Punkte:
- Der Sozialplan gilt für alle Beschäftigten (mit Ausnahme des Managements), auch für jene, welche eine neue Stelle finden.
- Der Sozialplan gilt bis 31.12.2011. Mit dieser überdurchschnittlich langen Laufdauer kann er langfristig Sozial- und Härtefälle (Aussteuerung nach Langzeitarbeitslosigkeit etc.) vermeiden.
- Die Abgangsentschädigungen für die Beschäftigten sind sehr gut und erreichen bis zu 50'000 Franken. Sie erfolgen nach einem transparenten Schlüssel, der das Alter und die Dienstjahre berücksichtigt: So erhält beispielsweise ein 58jähriger Arbeitnehmer mit 18 Dienstjahren 40'200.- Franken, ein 44jähriger mit 12 Dienstjahren erhält 20'000 Franken und selbst ein 24jähriger mit 3 Dienstjahren erhält noch 7'650 Franken.
- Dazu werden pro kinderzulagenpflichtiges Kind 2000 Franken ausbezahlt.
- Zudem kommen über 40 Mitarbeitende des Jahrganges 1949 (Frauen: 1950) oder älter in den Genuss einer sehr guten Frühpensionierungslösung: Sie erhalten 70% des letzten Bruttomonatslohns x 13, mindestens jedoch 55'000 Franken pro Jahr netto. Zudem werden die BVG- und AHV Prämien bis zur ordentlichen Pensionierung zur Hälfte von Borregaard bezahlt.
- Das Unternehmen dotiert eine Transferorganisation mit 500’000 Franken, welche die Beschäftigten bei der Stellensuche unterstützt. Die Unia erarbeitet hierzu ein Reglement.
- Juristisch ist der Borregaard-Konzern für die Realisierung des Sozialplans verantwortlich. Die Umsetzung wird aber von einer Paritätischen Kommission organisiert, in der die Unia bei allen Entscheiden über eine Sperrminorität verfügt.
Kampfbereitschaft entscheidend
Entscheidend für den Erfolg der Arbeitnehmervertretung war zweifellos die Kampfbereitschaft der Belegschaft, welche 150 Beschäftigte am vergangenen Montag mit einer Spontandemonstration in Solothurn eindrücklich unter Beweis gestellt hatten. Wichtig war auch die Geschlossenheit der verschiedenen Arbeitnehmervertretungen, welche sich nicht auseinander dividieren liessen und der Unia die Verhandlungsführung anvertrauten.
Die Unia wird sich nun zusammen mit den beteiligten Beschäftigten auf die Umsetzung der drei bereits weit fortgeschrittenen Teilprojekte «Hefe Süd», «Elektrolyse» und «Ethanol» konzentrieren. Diese Projekte können am Standort Riedholz langfristig 80 Arbeitsplätze sichern. Zudem führt die Unia die Klage gegen Borregaard wegen Nichtgewährung der Konsultationsfirst fort, aus welcher für die Beschäftigten zusätzliche finanzielle Ansprüche in der Höhe von ein bis zwei Monatslöhnen entstehen können.
>>hier kann der Sozialplan heruntergeladen werden